Das Arbeitsrecht ist ein umfassendes Rechtsgebiet. Das liegt unter anderem an den gesetzlichen Grundlagen. Im Unterschied zu anderen Rechtsgebieten, gibt es nämlich im Arbeitsrecht kein einheitliches Gesetzbuch, das sämtliche Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis regelt. Die rechtlichen Grundlagen dieses lebhaften Rechtsgebietes finden sich in unterschiedlichen Gesetzen und Tarifverträgen.
Je nach Einzelfall können eine Vielzahl von Gesetzbüchern den Ausschlag geben. Geht es beispielsweise um eine Kündigung spielt neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) oftmals das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) eine tragende Rolle. Soll jedoch ein befristeter Arbeitsvertrag aufgesetzt werden, steht das Teilzeit- und Befristungsgesetz im Vordergrund.
Es liegt dementsprechend auf der Hand, dass der juristische Laie einigen Irrtümern unterlegen ist, wenn es um die praktische Anwendung des Arbeitsrechts geht. In diesem Beitrag decken wir zehn dieser Irrglauben auf und erklären worauf es wirklich ankommt!
Inhaltsverzeichnis
- Muss ich im Bewerbungsgespräch immer die Wahrheit sagen?
- Muss ein Arbeitsvertrag schriftlich geschlossen werden?
- Darf der Arbeitgeber auch ohne Abmahnung einfach kündigen?
- Darf ich in der Probezeit einfach gekündigt werden?
- Kann der Chef auch mündlich kündigen?
- Kann während der Krankschreibung gekündigt werden?
- Darf ich auf der Arbeit im Internet surfen?
- Kann schlechte Arbeitsleistung zu Gehaltskürzungen führen?
- Sind Minijobs echte Arbeitsverhältnisse?
- Bin ich dazu verpflichtet Überstunden zu leisten?
Das Bewerbungsgespräch ist oftmals eine unangenehme Situation. Der Bewerber ist auf der einen Seite häufig aufgeregt, da für ihn viel auf dem Spiel steht. Auf der anderen Seite sitzt der potentielle neue Arbeitgeber, der den Kandidaten allerhand Fragen stellt. Aber muss der potentielle Arbeitnehmer wirklich auf alles wahrheitsgetreu antworten?
Dem Bewerber steht im Erstgespräch mit dem Arbeitgeber ein Recht zur Lüge zu. Wenn das Gegenüber Fragen stellt, die augenscheinlich nichts mit der neuen Stelle und dem künftigen Job zu tun haben, muss der Kandidat nicht darauf antworten. Ihm steht sogar das Recht zu, wahrheitswidrig auszusagen. Das betrifft insbesondere Situationen, in denen nach einer Schwangerschaft, Vorstrafen oder einer Behinderung gefragt wird. Anders sieht es natürlich aus, wenn der Arbeitgeber mehr über die berufliche Laufbahn des anderen erfahren möchte. Hier ist wahrheitsgetreu zu antworten!
In Deutschland gilt das Prinzip der Vertragsfreiheit. Im Rahmen des geltenden Rechts können die Parteien frei über den Inhalt und die Form eines Vertrages entscheiden. Das gilt auch im Arbeitsrecht.
Eine mündliche Vereinbarung, die auf die Erbringung einer Arbeitsleistung gegen Bezahlung abzielt, ist ebenso rechtens wie ein schriftlicher Vertrag. Denn die Unterschrift von Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Selbstverständlich empfiehlt es sich zu Beweiszwecken stets eine schriftliche Grundlage zu schaffen. Allerdings ist auch ein mündlicher Vertrag wirksam!
Die Kündigung stellt im Arbeitsrecht eine der schwerwiegendsten Maßnahmen dar. Das Arbeitsverhältnis kann nämlich hiermit ein für alle Mal beendet werden. Für den Arbeitnehmer steht also die berufliche Zukunft auf dem Spiel und er ist unter Umständen gezwungen eine Kündigungsschutzklage zu erheben.
Allerdings gilt im deutschen Arbeitsrecht der Grundsatz, dass vor Ausspruch der Kündigung ein milderes Mittel zum Einsatz kommen soll. In diesem Zusammenhang ist das Stichwort „Abmahnung“ anzusiedeln. Mit Ausnahme von schwerwiegenden Pflichtverletzungen und Verstößen gegen den Arbeitsvertrag, bedarf es zur Wirksamkeit der Kündigung grundsätzlich einer vorherigen Abmahnung. Andernfalls hat der Beschäftigte keine Chance, sein Verhalten in Zukunft zu bessern.
Die Probezeit ist eine erste Testphase, ob die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer funktioniert. Dementsprechend gesteht der Gesetzgeber dem Chef erleichterte Kündigungsmöglichkeiten zu.
Für die Probezeitkündigung verlangt das Gesetzes keine Angabe von Gründen. Allerdings muss im Regelfall auch in den ersten Monaten des Arbeitsverhältnisses eine Kündigungsfrist eingehalten werden. Diese ist im Falle der Probezeitkündigung mit einer Frist von zwei Wochen zwar zugegebenermaßen knapp bemessen. Allerdings muss diese in der Praxis grundsätzlich auch erst einmal eingehalten werden. Je nach Einzelfall ist auch eine Kündigung in der Probezeit unwirksam!
Formvorschriften führen zu allerlei Rechtsirrtümern. Während für den Abschluss des Arbeitsvertrages kein strenges Schriftformerfordernis gilt, sieht es mit der Kündigung schon anders aus. Das Gesetz verlangt nämlich, dass die Kündigung schriftlich mitgeteilt wird. In einem Streitgespräch mit dem Vorgesetzten muss der Arbeitnehmer also keine Angst vor dem direkten Ausspruch einer Kündigung haben. Allenfalls wird das Kündigungsschreiben persönlich überreicht und der Beschäftigte muss dessen Empfang quittieren.
PRAXISTIPP → Wenn Ihnen der Chef mündlich eine Kündigung „um die Ohren haut“, müssen Sie sich in der Regel auf das Kündigungsschreiben gefasst machen. Hierin kann allerdings auch eine Chance liegen. Sobald die Kündigung mündlich ausgesprochen wurde, sollten Sie einen Rechtsanwalt im Arbeitsrecht aufsuchen. So können sie wertvolle Zeit gewinnen. Denn wenn Sie nicht innerhalb von drei Wochen nach Erhalt des Kündigungsschreibens eine Kündigungsschutzklage erhoben haben, gilt die Kündigung als wirksam.
Die Krankschreibung schützt prinzipiell nicht vor dem Ausspruch einer Kündigung. Auch wenn der Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht zur Arbeit erscheinen kann, ist er im Hinblick auf die Kündigung noch lange nicht auf der sicheren Seite. Ganz im Gegenteil: Bei längerfristiger Erkrankung, die mit erheblichen Lohnfortzahlungen verbunden war, kann sogar eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer wieder auf der Arbeit ist oder nicht.
Beim Surfen im Internet auf der Arbeit gilt: Private und dienstliche Anlässe sind streng voneinander zu trennen! Wenn der Arbeitgeber der privaten Internetnutzung nicht ausdrücklich zugestimmt hat, sollte es der Arbeitnehmer tunlichst unterlassen. Denn ansonsten riskiert er nicht nur eine Abmahnung, sondern im schlimmsten Fall sogar eine Kündigung. Zum einen löst das private Surfen am Arbeitsplatz Kosten für den Arbeitgeber aus, da er Gehalt für nichterbrachte Arbeit zahlt. Zum anderen kann die Vertrauensgrundlage nachhaltig geschädigt werden. Je nach Ausmaß der privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz, ist die Kündigung sogar gerechtfertigt und wirksam.
In der heutigen Zeit werden Arbeitsaufgaben immer komplexer und vielseitiger. Damit steigen auch die Ansprüche, die an Arbeitnehmer gestellt werden. Beschäftigte müssen sich nicht selten als „Allrounder“ unter Beweis stellen und sich stets an die wachsenden Anforderungen anpassen. Allerdings gibt es zunächst keinen Grund zur Sorge, dass wegen schlechten Arbeitsergebnissen das Gehalt gekürzt werden könnte. Der Arbeitnehmer ist zur Arbeit „mittlerer Art und Güte“ verpflichtet. Damit soll der Beschäftigte vor zu hohen Leistungserwartungen des Arbeitgebers geschützt werden. So lange Sie also Ihr Standard an Arbeitspensum erfüllen, müssen Sie keine Gehaltseinbußen fürchten.
Minijobs erfreuen sich sowohl bei Arbeitnehmern wie auch bei Arbeitgebern wachsender Beliebtheit. Das liegt an deren Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die betrieblichen Bedürfnisse. Allerdings bedeutet ein Minijob nicht, dass es sich hierbei um ein Arbeitsverhältnis zweiter Klasse handelt. Wenn der Beschäftigte auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages eingestellt wurde, bestehen die gleichen Rechte und Pflichten wie bei einer Teil- oder Vollzeitbeschäftigung. Anders sieht es nur dann aus, wenn die Arbeitsergebnisse auf einer sogenannten werkvertraglichen Grundlage zu erbringen sind. Werkverträge und freie Mitarbeit kommen insbesondere für Freelancer in Betracht. Hierbei zählt in erster Linie das Arbeitsergebnis und nicht die Arbeitsleistung als solche. Für Freelancer gelten also andere Rechte und Pflichten, die vertraglich ausgehandelt werden können.
Grundsätzlich ist die Arbeitszeit im Arbeitsvertrag festgelegt. Alles was darüber hinausgeht, muss durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt sein. Wenn also das Tagesgeschäft derart brennt, dass vorübergehend Mehrarbeit zu leisten ist, kann der Arbeitnehmer durchaus dazu verpflichtet sein, Überstunden zu leisten. Allerdings hat hierbei immer auch eine Abwägung der widerstreitenden Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer stattzufinden. Hier entscheidet der Einzelfall!
Egal ob Abmahnung, Kündigung oder Fragen zum Arbeitsvertrag – die Kanzlei Senol berät sie im Arbeitsrecht kompetent und zielorientiert. Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!