Jeder Rechtsstreit vor Gericht kostet Geld. Das gilt nicht nur für die Durchsetzung eines Rechtsanspruchs, sondern auch für das Scheidungsverfahren. Durch die Gewährung von Prozesskostenhilfe wird Ihnen die Verteidigung Ihrer Rechte und die Durchführung der Scheidung ermöglicht, auch wenn Sie die damit verbundenen Kosten nicht selbst aufbringen können.
Inhaltsverzeichnis
- Wie erhalte ich Prozesskostenhilfe?
- Welche Besonderheiten gelten bei der Scheidung?
- Wie bemisst sich die Bedürftigkeit?
- Was ist mit meiner Rechtsschutzversicherung?
- Fazit
Die Grundvoraussetzungen der Prozesskostenhilfe lassen sich in einem Satz zusammenfassen: Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Scheidungsverfahren wird Prozesskostenhilfe übrigens juristisch korrekt als Verfahrenskostenhilfe bezeichnet. Diese begrifflichen Spitzfindigkeiten haben in der Sache selbst kaum Auswirkungen.
Prozesskostenhilfe wird nur auf Antrag gewährt! Er ist regelmäßig schriftlich bei dem Gericht zu stellen, das über das Rechtsanliegen – etwa den Scheidungsantrag – zu entscheiden hat. Um eine Ablehnung des Antrags zu vermeiden, muss sich der Antragsteller der gesetzlich vorgesehenen Vordrucke bedienen und sie vollständig und richtig ausfüllen. Dabei geht es vor allem um die Offenlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
PRAXISTIPP → Während vor dem Familiengericht oftmals die Vertretung durch einen Rechtsanwalt gesetzlich vorgeschrieben ist, besteht im Prozesskostenhilfe-Verfahren selbst kein Anwaltszwang.
Da die Prozesskostenhilfe aus Steuergeldern aufgewendet wird, wird das Gericht sorgfältig prüfen, ob die beabsichtigte Rechtsdurchsetzung oder Verteidigung hinreichende Erfolgsaussichten verspricht. Die Richter prüfen den Fall also überblicksartig, ohne jedoch schwierige und ungeklärte Rechtsfragen vorab zu entscheiden. Diese werden zurückgestellt und bleiben dem eigentlichen Verfahren vorbehalten.
Achtung: Die staatliche Kostenhilfe übernimmt die Gerichtskosten und die eigenen Anwaltskosten. Die Anwaltskosten der „Gegenseite“ sind allerdings nicht von der Prozesskostenhilfe gedeckt!
Im Scheidungsverfahren muss der Antragsteller beispielsweise darlegen, dass der Antragsgegner mit der Scheidung einverstanden ist. Im Übrigen kann Verfahrenskostenhilfe in Ehesachen nicht einfach mit der Begründung abgelehnt werden, die Verteidigung gegen den Scheidungsantrag verspreche keinen Erfolg. Das gilt auch für den Fall, dass mit dem Scheidungsantrag etwa ein Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts gestellt wird: Auch hier ist dem Antragsgegner Kostenhilfe zuzusprechen, selbst wenn sich die Erfolgsaussichten in Bezug auf den Sorgerechtsstreit nicht übersehen lassen. Hintergrund ist, dass ein gerichtliches Verfahren diesbezüglich ohnehin unvermeidbar ist.
PRAXISTIPP → Nach dem Gesetzt erstreckt sich die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren grundsätzlich auch auf den Versorgungsausgleich, bei dem es sich um eine sogenannten Folgesache handelt.
Um eine vollständige Deckung der Gerichts- und eigenen Anwaltskosten durch die staatliche Kostenhilfe bewilligt zu bekommen, darf das vorhandene Vermögen bzw. Einkommen des Antragsstellers einen gewissen Grenzwert nicht überschreiten.
PRAXISTIPP → Um einen ersten Überblick über die Berechnung der Einkommens- und Vermögensgrenzen zu erlangen, bieten sich die offiziellen Prozesskosten-Rechner an!
Eine vollständige Kostendeckung ohne Rückzahlungspflicht ist nach dem gesetzlichen Leitbild aber die Ausnahme. Vorrangig wird für die verauslagten Kosten eine Rückzahlung angeordnet, für die das Gesetz zwei Möglichkeiten vorsieht:
Zum einen kann das Gericht eine Ratenzahlung anordnen, wenn der bedürftige Beteiligte über ein gewisses Einkommen verfügt. Er wird dann in einer vom Gericht bestimmten Höhe an den anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten – für die Dauer von maximal 48 Monaten – beteiligt.
Die andere Möglichkeit besteht darin, dass das Gericht eine Einmalzahlung anordnet. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Antragsteller nach Abschluss des Verfahrens zu Vermögen gekommen ist.
In jüngster Vergangenheit haben einige Rechtsschutzversicherer ihre Leistungen für die Beratung und Vertretung in familienrechtlichen Angelegenheiten verbessert. Deckungsschutz für Scheidungsverfahren bleibt allerdings auch heute noch die Ausnahme.
In der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wird ausdrücklich danach gefragt, ob eine Rechtsschutzversicherung besteht und ob diese für die Kosten des Verfahrens aufkommt. Ist das nämlich der Fall, so ist der Antragssteller nicht als hilfsbedürftig anzusehen.
Im Scheidungsverfahren gilt Anwaltszwang! Der Antrag auf Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe kann jedoch auch ohne anwaltliche Unterstützung gestellt werden. Hierzu müssen die amtlichen Vordrucke ordnungsgemäß, vollständig und gewissenhaft ausgefüllt werden. Die Einkommensverhältnisse sind mit entsprechenden Nachweisen zu belegen. Hier zahlt es sich aus, sorgfältig vorzugehen. Werden nämlich die Einkommensverhältnisse auffällig gering dargestellt, droht nicht nur die Ablehnung des Antrags, sondern unter Umständen sogar eine Strafverfolgung.
Nehmen Sie bei Fragen zu Ihrer Scheidung jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!