Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist vor allem durch den Zugewinnausgleich im Falle der Scheidung gekennzeichnet. Grundgedanke des Zugewinnausgleichs ist, dass das während der Ehe von beiden Partnern erwirtschaftete Vermögen im Scheidungsfall gleichmäßig aufgeteilt werden soll. Hierbei wird grundsätzlich der gesamte Vermögenszuwachs berücksichtigt. Eine wichtige Sonderstellung nehmen jedoch Schenkungen und Erbschaften ein.
Erfahren Sie in diesem Beitrag mehr über die Besonderheiten von Erbschaften und Schenkungen im Zugewinnausgleich!
Inhaltsverzeichnis
- Begriff des Zugewinnausgleichs
- Grundlagen der Berechnung des Zugewinnausgleichs
- Der sogenannte privilegierte Erwerb beim Zugewinnausgleich
- Berechnungsbeispiel zur Erbschaft im Zugewinnausgleich
- Fazit
Der Zugewinnausgleich soll im Falle der Scheidung eine gerechte Aufteilung des Vermögens zwischen den Ehegatten herstellen. Ausgehend vom Grundgedanken der Hausfrauen- oder Zuverdienstehe soll auch demjenigen, der während der Ehe auf den eigenen Vermögensaufbau verzichtet hat, eine hälftige Beteiligung am gemeinsam Erwirtschafteten zustehen. Wer also zugunsten der gemeinsamen Lebensplanung auf die eigene Karriere verzichtet hat, soll auch nach der Ehe finanziell abgesichert sein.
PRAXISTIPP → Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist freiwillig. Es handelt sich um sogenanntes dispositives Recht. Sie können den Zugewinnausgleich also durch einen Ehevertrag ausschließen oder Einzelheiten anders vereinbaren. Es besteht weitestgehend Gestaltungsfreiheit – wir beraten Sie hierzu gerne!
Die Faustregel bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs ist im Grunde ganz einfach: Der Ausgleichpflichtige hat dem anderen die Hälfte des von ihm erzielten Gewinnüberschusses auszuzahlen. Wenn keiner der Ehegatten einen Zugewinn erzielt hat oder die Vermögenszuwächse genau identisch sind, findet kein Ausgleich statt.
Um den Zugewinn berechnen zu können, müssen zunächst das jeweilige Anfangs- und Endvermögen ermittelt werden. Das Anfangsvermögen ist das, was dem Ehegatten nach Abzug aller Verbindlichkeiten im Zeitpunkt der Eheschließung gehört. Hierzu zählen alle Sachen und Rechte, die sich in Geldwert ausdrücken lassen wie beispielsweise Immobilien, Kontobestände, Wertpapiere, Autos oder auch Gesellschaftsanteile.
PRAXISTIPP → Die Ermittlung des Anfangsvermögen kann im Einzelfall praktische Schwierigkeiten mit sich bringen. Gegebenenfalls bedarf es eines Sachverständigengutachtens, um den Wert eines Grundstücks, Wohnrechts oder eines Gesellschaftsanteils richtig bestimmen zu können!
Für das Endvermögen gelten prinzipiell die gleichen Grundsätze wie für das Anfangsvermögen. Alle geldwerten Vermögensgegenstände werden erfasst und zusammengerechnet. Verbindlichkeiten werden abgezogen. Der Berechnung des Endvermögens ist der Wert zugrunde zu legen, den das Vermögen im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrag hat. Unter Rechtshängigkeit verstehen Juristen den Moment, in dem der Scheidungsantrag dem anderen Ehegatten vom Gericht zugestellt wird!
Der Zugewinnausgleich beruht insgesamt auf einem strengen Stichtagsprinzip. Zum Anfangsvermögen zählt also alles, was am betreffenden Tag der Eheschließung vorhanden war. Gleiches gilt für das Endvermögen.
PRAXISTIPP → Ein Unternehmensgewinn, der einen Tag vor der Eheschließung gemacht wird, gehört zum Anfangsvermögen. Wird er hingegen eine Woche später gemacht, fällt er in das Endvermögen und muss ausgeglichen werden.
Dass dieses Schema im Einzelfall zu Ungerechtigkeiten führen kann, liegt auf der Hand. Dementsprechend macht der Gesetzgeber für Erbschaften und Schenkungen Ausnahmen. Es soll nicht darauf ankommen, ob der Erbfall in die Ehezeit fällt oder nicht. Erwerb dieser Art hat schließlich nichts mit der ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft zu tun. Das Gesetz bestimmt daher in § 1374 II BGB, dass Vermögen, das ein Ehegatten von Todes wegen mit Rücksicht auf eine künftige Erbschaft oder durch Schenkung erhält, nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet wird. Was auf den ersten Blick kompliziert anmutet, bewirkt letztlich, dass Erbschaften und Schenkungen beim Zugewinnausgleich ausgeklammert sind.
Zur Veranschaulichung, inwieweit Schenkungen bzw. Erbschaften beim Zugewinnausgleich berücksichtigt werden, erläutern wir folgendes Praxisbeispiel:
Die Ehefrau hat im Zeitpunkt der Eheschließung kein Vermögen. Ihr Anfangsvermögen ist damit zunächst mit Null anzusetzen. Zwei Jahre später erhält sie aus einer Erbschaft 50.000 Euro, die sie für eine Luxusreise und andere persönlichen Anschaffungen verwendet. Danach wird sie sparsamer und schafft regelmäßige Rücklagen aus ihrem beruflichen Einkommen. Bei der Scheidung weist ihr Sparbuch einen Betrag in Höhe von 60.000 Euro aus.
In diesem Fall wird die Erbschaft in Höhe von 50.000 Euro als privilegierter Erwerb angesehen. Das bedeutet, dass es dem Anfangsvermögen hinzugerechnet wird, sodass ein Betrag von 50.000 Euro anzusetzen ist. Demgegenüber beträgt das Endvermögen 60.000 Euro. Der Zugewinn, der zwischen den geschiedenen Ehegatten ausgeglichen werden muss, beträgt also 10.000 Euro.
Erbschaften und Schenkungen nehmen bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs eine Sonderstellung ein. Das Stichtagsprinzip kommt hier nicht zur Anwendung!
Dieses Thema veranschaulicht die Bedeutung einer rechtlich fundierten Beratung im Zusammenhang mit dem Zugewinnausgleich. Die Kanzlei Senol für Familienrecht in Köln betreut Scheidungen und güterrechtliche Streitigkeiten und unterstützt ihre Mandanten kompetent und zielführend. Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!