Wer vor Gericht zieht, bekommt am Ende ein Urteil. So jedenfalls der Regelfall. Bei den Arbeitsgerichten herrscht eine andere Praxis. Das Verfahren endet in der deutlichen Mehrzahl der Fälle mit einem Vergleich. Ein solcher bietet insbesondere für Arbeitnehmer eine Reihe von Vorteilen. Was das im Detail bedeutet und worauf Sie bei den Vergleichsverhandlungen achten sollten, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
- Die gesetzlichen Regelungen zum Vergleich vor dem Arbeitsgericht
- Vergleich – Alles oder Nichts?
- Der Inhalt eines Prozessvergleichs
- Wann ist ein außergerichtlicher Vergleich sinnvoll?
- Warum ein gerichtlicher Vergleich sinnvoll ist!
- Wann sollte ich mich auf einen Vergleich einlassen?
- Fazit
Nach den gesetzlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches ist ein Vergleich nichts anderes, als ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wegen des gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird.
Darin kommt bereits das Wesen des Prozessvergleichs zum Ausdruck. Denn für einen solchen ist prinzipiell dort kein Raum, wo eine Partei alles bekommt, was sie möchte. Das bedeutet jedoch nicht, dass in der Praxis keine Vergleiche geschlossen werden, bei denen sich der Arbeitgeber verpflichtet, keinerlei Rechte mehr aus seiner Kündigung herzuleiten. Unterm Strich bekommt der klagende Arbeitnehmer häufig also doch das, was er mit dem Gerichtsverfahren beabsichtigt.
In der arbeitsgerichtlichen Praxis kommen Vergleiche u.a. deswegen so häufig vor, weil das Arbeitsgerichtsgesetz ausdrücklich fordert, dass eine gütliche Einigung des Rechtsstreits während des gesamten Verfahrens angestrebt werden soll. Dem Gesetzgeber ist also an einer einvernehmlichen Beilegung des Prozesses gelegen, was insbesondere aus prozessökonomischer Sicht vorteilhaft ist.
Übrigens: Um einen Vergleich zu schließen, muss es nicht zwangsläufig zu einem Prozess gekommen sein. Es sind sowohl gerichtliche wie auch außergerichtliche Vergleiche möglich!
Wenn das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet wird, steht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer häufig mehr als nur das Schicksal des Arbeitsvertrages in Streit. Nebenkriegsschauplätze sind häufig die ausstehende Vergütung von Überstunden oder offene Urlaubstage.
Als Arbeitnehmer bietet es sich je nach Einzelfall an, hinsichtlich der Beendigung des Arbeitsvertrages Verhandlungsbereitschaft zu signalisieren und wegen der übrigen Streitpunkte seine Ansprüche weiter zu verfolgen. Diese prozesstaktischen Erwägungen können dann durch einen sogenannten Teil-Vergleich umgesetzt werden, indem nur Teile des Rechtsstreits durch gegenseitiges Nachgeben erledigt werden. Andere Ansprüche können dann der Entscheidung des Gerichts überlassen werden.
PRAXISTIPP → Hier kommt es auf die Verhandlungssituation an. Denn oftmals erweist es sich mit Blick auf eine mögliche Abfindung als vorteilhaft, den gesamten Streitstoff vergleichsweise aus dem Weg zu räumen. Entscheidend sind – wie immer – die Umstände des Einzelfalles!
Da bei einem Vergleich das gegenseitige Nachgeben und Einvernehmen im Vordergrund steht, sind die Parteien in ihren Vereinbarungen grundsätzlich frei. Das kann auch bedeuten, dass in dem Vergleich Aspekte geregelt werden, die mit dem bisherigen Klageverfahren nichts zu tun hatten.
PRAXISTIPP → Denkbar ist, im Wege des Vergleichs dafür zu sorgen, dass eine Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird!
Darüber hinaus finden sich in Vergleichsvorschlägen häufig folgende Regelungen:
- Ende des Arbeitsvertrages gegen Abfindung
- Regelungen zum Arbeitszeugnis
- Gewährung von Sonderzahlung oder Urlaub
- Überstundenregelungen
Ein außergerichtlicher Vergleich bietet sich je nach Fallkonstellation an, um einem Gerichtsverfahren zuvorzukommen. So lassen sich in der Regel Kosten sparen. Allerdings können sich die Parteien auch während eines anhängigen Verfahrens beim Arbeitsgericht noch außergerichtlich einigen. Das Gericht muss also nicht zwangsläufig mit einbezogen werden.
Ein bereits laufendes Verfahren kann dann etwa im Wege der Klagerücknahme oder der übereinstimmenden Erledigungserklärung beendet werden. Sprechen Sie uns gerne hierzu an!
Eine bedeutende Schwäche hat der außergerichtliche Vergleich jedoch: Wenn sich eine Partei an die Absprachen nicht hält, muss die andere Seite auf Einhaltung des Vergleichs klagen. Denn aus einem außergerichtlichen Vergleich kann nicht vollstreckt werden!
Im Unterschied zum außergerichtlichen Vergleich können die Parteien aus einem gerichtlichen Vergleich unmittelbar vollstrecken. Der Rechtsschutz ist also bei einem Prozessvergleich intensiver! Eine weitere Klage, wie sie in der Praxis bei außergerichtlichen Vergleichen häufig erforderlich wird, erübrigt sich damit.
Auch der Zeitpunkt, in dem sich ein Vergleich als sinnvoll erweist, kann je nach Einzelfall variieren. Das weiß auch der Gesetzgeber, sodass auch hier Flexibilität gestattet ist.
Ein prozessbeendender Vergleich kann zunächst im Gerichtssaal, insbesondere im sogenannten Gütetermin geschlossen werden. Aber auch im Kammertermin oder in der nächsten Instanz werden die Arbeitsrichter die Parteien nach ihrer Vergleichsbereitschaft befragen.
Wenn die Parteien im Gerichtssaal eine gemeinsame Lösung ihres Rechtsstreits gefunden haben, wird das Gericht die Vereinbarungen protokollieren und fragen, ob sie mit dem protokollierten Vergleich einverstanden sind. Ist das der Fall, ist das Verfahren regelmäßig beendet.
PRAXISTIPP → Auf den im Gerichtssaal geschlossenen Vergleich muss sich die Partei jedoch dann nicht festnageln lassen, wenn sie sich einen Widerruf vorbehält. Dies empfiehlt sich regelmäßig!
Als Fachanwaltskanzlei im Arbeitsrecht wissen wir, wie sich Arbeitnehmer die Vergleichsmöglichkeiten geschickt zu Nutze machen können. Häufig bietet es sich bereits deswegen an, Kündigungsschutzklage zu erheben. Wenn Ihnen gegenüber eine Kündigung ausgesprochen wurde, sollten Sie sich schnell an uns wenden. Denn die Klagefrist ist kurz bemessen, weswegen besondere Eile geboten ist. Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!