Corona-Scheidung – Kann ich mich auch digital scheiden lassen?

Der irreführende Begriff der „Online-Scheidung“ kursiert auf den Internetseite deutscher Anwälte schon seit längerem. Bei genauerem Nachlesen stellt sich dann schnell heraus, dass damit nicht etwa ein Scheidungsbeschluss via Internet erstritten werden kann, sondern lediglich der Kontakt zwischen Anwalt und Mandant vornehmlich online stattfindet. Hier erfahren Sie mehr zur Scheidung online in Corona-Zeiten!
Corona-Scheidung

Der irreführende Begriff der „Online-Scheidung“ kursiert auf den Internetseite deutscher Anwälte schon seit längerem. Bei genauerem Nachlesen stellt sich dann schnell heraus, dass damit nicht etwa ein Scheidungsbeschluss via Internet erstritten werden kann, sondern lediglich der Kontakt zwischen Anwalt und Mandant vornehmlich online stattfindet. Zum Scheidungstermin selbst müssen die Beteiligten dann jedoch grundsätzlich persönlich erscheinen. Also auch bei der berühmten „Online-Scheidung“ treffen sich die Eheleute, der Richter bzw. die Richterin und mindestens ein Anwalt bzw. Anwältin im Gerichtsgebäude!

Ob diese Grundregeln auch in Pandemiezeiten gelten, erfahren Sie in diesem Beitrag!

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Die persönliche Anhörung im Scheidungstermin
  2. Warum ist bei der Scheidung eine persönliche Anhörung erforderlich?
  3. Persönliche Anhörung auch bei Scheidung in Zeiten der Corona-Pandemie?
  4. Fazit

 

 

  1. Die persönliche Anhörung im Scheidungstermin

Wie auch bei Verfahren vor dem Landgericht hat der Gesetzgeber auch in Ehe- und Familienstreitsachen vor dem Familiengericht angeordnet, dass mündlich zu verhandeln ist. Eine in Corona-Zeiten beliebte Ausnahme vom Prinzip der mündlichen Verhandlung ist die allseitige Zustimmung zum schriftlichen Verfahren. Dieser Kniff erleichtert das Prozessieren in vielerlei Hinsicht. In Scheidungsverfahren steht dem schriftlichen Verfahren jedoch ein wesentliches Hindernis entgegen: § 128 FamFG. Dort heißt es, „Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der Ehegatten anordnen und sie anhören.“ Das Gericht hat die Eheleute also zur Zerrüttung ihrer Ehe zu befragen.

 

  1. Warum ist bei der Scheidung eine persönliche Anhörung erforderlich?

Hintergrund der persönlichen Anhörung der Eheleute ist, dass hierdurch eine bessere Aufklärung der scheidungsrelevanten Umstände gewährleistet ist. Im Unterschied zum „normalen“ Zivilprozess nämlich gilt in Ehesachen der Amtsermittlungsgrundsatz. Das bedeutet, dass das Gericht von sich aus den entscheidungserheblichen Sachverhalt zusammenträgt, ohne auf den Vortrag und die Beweisangebote der Beteiligten gebunden zu sein.

Der Gesetzgeber steht also auf dem Standpunkt, dass nur die Mitwirkung möglichst beider Ehegatten der herausgehobenen Bedeutung und dem höchstpersönlichen Charakter der Scheidung gerecht wird.

Übrigens: Bereits 2012 beschloss das OLG Hamm, dass die fälschlicherweise unterbliebene Anhörung der Ehegatten zu den Scheidungsvoraussetzung einen schweren Verfahrensmangel darstellt (Beschluss v. 07.02.2012 – II-11 UF 154/11).

 

  1. Persönliche Anhörung auch bei Scheidung in Zeiten der Corona-Pandemie?

Wie gezeigt, hat die persönliche Anhörung der Beteiligten im Scheidungstermin einen hohen Stellenwert. Daran ändert auch die Corona-Pandemie nichts. Aus der Rechtsprechung allerdings sind Fälle bekannt, in denen die Ehe auch gegen den Willen eines Ehegattens und ohne dessen persönliche Anhörung geschieden wurde (s. OLG Koblenz, Urteil v. 25.08.2000 – 11 UF 672/99). Gemeinsam ist diesen Fällen, dass der für die Scheidung wesentliche Sachverhalt ausreichend geklärt ist, dass eine Seite erkennbar kein Interesse an der ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens hat oder es verschleppen will. Das Beharren auf einer persönlichen Anhörung wäre hier zwecklos und eine bloße Förmelei!

Übertragen lassen sich diese Fälle jedoch nicht ohne weiteres auf die derzeit herrschende Corona-Pandemie. Es bleibt also – abgesehen von absoluten Ausnahmefällen – bei der Erforderlichkeit einer persönlichen Anhörung!

Ein aktuell nutzbarer Vorteil hält das Gesetz jedoch bereit. In geeigneten Fällen soll das Gericht die Sache mit den Beteiligten im Wege der Bild- und Tonübertragung erörtern. So ordnet es § 32 Abs. 3 FamFG an. Hierbei handelt es sich jedoch keineswegs um einen flächendeckenden Standard. Aus unserer Erfahrung stellen mündliche Verhandlungen im virtuellen Gerichtssaal die Ausnahme dar!

 

  1. Fazit

Auch in Corona-Zeiten bleibt der Begriff „Online-Scheidung“ eine weitestgehend inhaltsleere Worthülse. Eine Ehe kann im Regelfall nach wie vor nur nach persönlicher Anhörung der Ehegatten zu den Scheidungsvoraussetzungen geschieden werden.

Bei Fragen zum Thema Scheidung, nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!

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Rechtsanwältin und
Fachanwältin für Arbeits- und Familienrecht
Hülya Senol
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