Der Trend bei der Arbeitszeiterfassung geht immer mehr in Richtung „Arbeitszeit auf Vertrauensbasis“. Der Arbeitgeber gibt dem Arbeitnehmer hierbei einen beträchtlichen Vertrauensvorschuss. Was passiert jedoch, wenn der Arbeitnehmer dieses Vertrauen verspielt? Kann der Arbeitnehmer wegen ständiger Unpünktlichkeit gekündigt werden?
In diesem Beitrag beleuchten wir den Arbeitszeitbetrug genauer und geben einen Überblick über die Maßnahmen, die der Arbeitgeber aussprechen und der Arbeitnehmer befürchten muss.
Inhaltsverzeichnis
- Der Stellenwert der Arbeitszeit im Arbeitsrecht
- Verstoß gegen die Arbeitszeit
- Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug
- Arbeitszeitbetrug – Das Wichtigste in Kürze
- Fazit – Rechtsanwalt im Arbeitsrecht aufsuchen!
Bestimmungen über den zeitlichen Umfang der Arbeit, die der Arbeitnehmer zu leisten hat, finden sich in der Regel im Arbeitsvertrag. Oftmals sind die arbeitsvertraglichen Bestimmungen der Arbeitszeit nur vage formuliert. Der Arbeitgeber hat dementsprechend die Möglichkeit, sein Weisungsrecht auszuüben und den Beginn und das Ende der Arbeitszeit genauer festzulegen. Das sogenannte Direktionsrecht des Arbeitgebers hat seine gesetzliche Verankerung in § 106 GewO.
Heutzutage werden dem Arbeitnehmer viele Zugeständnisse gemacht, was die flexible Arbeitszeitgestaltung anbelangt. Gleitzeitmodelle sind keine Seltenheit. Bestehen solche anpassungsfähigen Regelungen nicht, muss der Arbeitnehmer sich an die zeitlichen Vorgaben des Arbeitgebers halten. Die Arbeitsleistung ist nämlich in rechtlicher Hinsicht zu einem bestimmten Zeitpunkt geschuldet. Der Arbeitnehmer kann diesen zeitlichen Rahmen nicht nach Belieben verschieben. Dies ist auch nachvollziehbar, da anderenfalls der betriebliche Arbeitsablauf erheblich gestört werden könnte. Zwingende gesetzliche Einschränkungen hinsichtlich der zulässigen Arbeitszeit finden sich unter anderem im Arbeitszeitgesetz, das den Arbeitnehmer vor Ausbeutungen am Arbeitsplatz schützt.
Als Grundregel kann vorgeschickt werden: Arbeitszeitverstöße sind immer dort anzunehmen, wo der Arbeitnehmer die zeitlichen Vorgaben des Arbeitgebers missachtet. Wann solche Verstöße zu Tage treten, hängt insbesondere auch davon ab, welches Zeiterfassungssystem im jeweiligen Betrieb eingesetzt wird. Auch heute noch wird die Arbeitszeit in vielen Unternehmen durch elektronische Zeiterfassung, Stechkarten oder Stundenzettel minutengenau erfasst. Wird die werktägliche Arbeitsleistung hingegen auf Vertrauensbasis erbracht, kann einige Zeit vergehen, bevor Arbeitszeitverstöße offenkundig werden.
Vom schlichten Arbeitszeitverstoß ist der Arbeitszeitbetrug abzugrenzen. Typisch hierbei ist nämlich, dass der Arbeitnehmer versucht, den Arbeitgeber über die Ableistung seiner Arbeitspflicht zu täuschen. Diese Betrugskomponente kann eine schwerwiegende Verletzung des Arbeitsvertrages darstellen und eine ordentliche oder fristlose Kündigung des Arbeitgebers rechtfertigen. Auch wenn der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum ständig zu spät kommt, kann eine Kündigung drohen. Im Gegensatz zum Arbeitszeitbetrug gelten hier jedoch grundsätzlich mildere Maßstäbe.
Wie bereits angedeutet, kann ein Arbeitszeitbetrug weitreichende Konsequenzen für den Arbeitnehmer haben. Eine ordentliche – ja sogar eine außerordentliche, fristlose Kündigung ist im Einzelfall denkbar.
PRAXISTIPP → Zwar bedeutet der Arbeitszeitverstoß als solcher noch nicht, dass die Kündigung des Arbeitgebers in jedem Fall wirksam und rechtmäßig ist. Allerdings handelt es sich beim Arbeitszeitbetrug um einen schwerwiegenden Vorwurf, der eine anwaltliche Beratung dringend erforderlich macht!
In rechtlicher Hinsicht handelt es bei der Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug um eine verhaltensbedingte Kündigung. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer also vor der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zunächst einmal abmahnen. Kann der Vorwurf des Arbeitszeitbetruges jedoch nachgewiesen werden, kann eine Abmahnung im Einzelfall auch entbehrlich sein. Hintergrund ist, dass dem Arbeitnehmer von vornherein klar sein sollte, dass ein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten in dem Maße nicht hinnehmbar sein kann. Fehlt es an der Nachweisbarkeit des Arbeitszeitbetruges, bedeutet das nicht, dass der Arbeitnehmer mit einem blauen Auge davonkommen kann. In diesem Zusammenhang besteht für den Arbeitgeber nämlich immer noch die Möglichkeit einer Verdachtskündigung.
Hier sind noch einmal die wichtigsten Punkte zum Thema Arbeitszeitbetrug zusammengefasst:
- Arbeitszeitbetrug ist eine ernste Angelegenheit und stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar
- Arbeitszeitbetrug kann eine ordentliche und außerordentliche Kündigung nach sich ziehen
- Grundsätzlich hat vor Ausspruch einer Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug eine Abmahnung zu erfolgen
- Je nach Einzelfall kann eine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug entbehrlich sein
- Ist der Arbeitszeitbetrug nicht nachweisbar, kann der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aussprechen
Die Kündigung wegen Arbeitszeitbetrug ist eine schwerwiegende Maßnahme und kann Anlass bieten, das Arbeitsverhältnis unter Umständen sogar vor Ablauf der regulären Kündigungsfrist zu beenden. Sollte Ihnen gegenüber der Vorwurf des Arbeitszeitbetruges erhoben werden, sollten Sie umgehend einen Rechtsanwalt im Arbeitsrecht aufsuchen. So können Sie gemeinsam mit Ihrem Rechtsbeistand die nächsten Schritte erörtern. Insbesondere wenn die Beweislage unklar ist, können im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses Erfolge für den Arbeitnehmer erzielt werden. Die Kanzlei Senol hat eine Bandbreite an Erfahrungen mit Kündigungsschutzverfahren und begleitet Sie hierbei gerne. Nehmen Sie jederzeit Kontakt zu uns auf!