Die Verdachtskündigung

Will der Arbeitgeber kündigen, gerät er häufig in Beweisschwierigkeiten. Daher gibt es die Möglichkeit der Verdachtskündigung!
Verdachtskündigung

Hat der Arbeitnehmer nachweislich eine gravierende Pflichtverletzung aus dem Arbeitsvertrag begangen, droht ihm eine verhaltensbedingte Kündigung. In der Praxis gerät der Arbeitgeber jedoch häufig in Beweisschwierigkeiten, denn es liegt an ihm, das grobe Fehlverhalten des Beschäftigten nachzuweisen. Diese praktischen Probleme haben auch die Arbeitsgerichte erkannt und dem Arbeitgeber die Möglichkeit einer sogenannten Verdachtskündigung eingeräumt. Worum es sich hierbei handelt und welche Verdachtsmomente den Ausspruch einer solchen Maßnahme rechtfertigen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist eine Verdachtskündigung?
  2. Die rechtlichen Voraussetzungen der Verdachtskündigung
  3. Ist eine Abmahnung bei Verdachtskündigung erforderlich?
  4. Arbeitsrecht Köln – Das Landesarbeitsgericht zur Verdachtskündigung
  5. Fazit

 

1. Was ist eine Verdachtskündigung?

Nach der juristischen Kurzdefinition liegt eine Verdachtskündigung dann vor, wenn sich – aus Sicht des Arbeitgebers – der Verdacht eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers erhärtet. Dieser muss das Vertrauen im Arbeitsverhältnis derart zerstören, dass es nicht fortgeführt werden kann.

Der praktisch häufigste Fall eines solchen „vertragswidrigen Verhaltens“ liegt in dem Verdacht einer Straftat. Hierbei muss der Arbeitgeber sich jedoch auf seine eigenen Erkenntnisse und Erfahrungen mit dem Beschäftigten im Betrieb stützen. Der Umstand, dass ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, von dem der Chef Kenntnis erlangt hat, reicht für einen begründeten Verdacht nicht aus. Erforderlich ist ein dringender Tatverdacht.

Ob der Arbeitnehmer eine Straftat tatsächlich begangen hat, spielt übrigens keine Rolle. Lässt sich diese Tätlichkeit nämlich nachweisen, handelt es sich um eine verhaltensbedingte Kündigung.

PRAXISTIPP Die Verdachtskündigung und die verhaltensbedingte Kündigung schließen sich gegenseitig aus. Arbeitgeber sollten sich im Zweifelsfall vor Ausspruch der Kündigung absichern und anwaltlichen Rat hinzuziehen.

 

2. Die rechtlichen Voraussetzungen der Verdachtskündigung

Die rechtlichen Voraussetzungen der Verdachtskündigung sind geprägt von den Entscheidungen der Arbeitsgerichte. Sie lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • gravierende Verdachtsmomente, die eine schwerwiegende Vertragsverletzung nahelegen
  • Verdachtsmomente zerstören das Vertrauen des Arbeitsverhältnisses
  • Arbeitgeber hat alle zumutbaren Maßnahmen unternommen, um den Verdacht aufzuklären
  • Arbeitnehmer hatte Gelegenheit zur Stellungnahme
  • Anhörung des Betriebsrates

PRAXISTIPP Die Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung zur Verdachtskündigung ist unerlässlich. Spätestens im Kündigungsschutzprozess kommt es auf Feinheiten an. Wenden Sie sich frühzeitig an einen Experten im Arbeitsrecht, der sich auf diesem Gebiet auskennt!

 

3. Ist eine Abmahnung bei Verdachtskündigung erforderlich?

Dem deutschen Arbeitsrecht liegt der Gedanke zugrunde, dass der Ausspruch der Kündigung stets das letzte Mittel darstellen muss. Der Arbeitnehmer soll vor dieser Alles-oder-Nichts-Maßnahme weitestgehend geschützt werden.

Dementsprechend erfordert die verhaltensbedingte Kündigung stets zuvor eine wirksame Abmahnung. Wie bereits erläutert, handelt es sich jedoch bei der Verdachtskündigung um einen ganz anderen Fall. Beide arbeitgeberseitigen Maßnahmen schließen sich gegenseitig aus. Doch was bedeutet das für das grundsätzliche Erfordernis einer Abmahnung?

Die Rechtsprechung behandelt die Verdachtskündigung als einen Unterfall der personenbedingten Kündigung. Das hat zur Folge, dass eine Abmahnung hier nicht erforderlich ist. Dennoch muss dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben werden, Stellung zu den Verdachtsmomenten zu beziehen.

PRAXISTIPP Die Verdachtskündigung ist nur dann wirksam, wenn der Arbeitgeber dem Beschäftigten die Möglichkeit der Stellungnahme gegeben hat!

Es obliegt dem Arbeitgeber, den Sachverhalt, der den Verdacht einer Pflichtverletzung hervorgebracht hat, bestmöglich aufzuklären. Dabei ist er auf die Äußerungen des betreffenden Mitarbeiters angewiesen.

PRAXISTIPP Keine Regel ohne Ausnahme! Wenn der Arbeitnehmer gänzlich abblockt und keinerlei Gesprächsbereitschaft signalisiert, ist die Anhörung sinnlos. In diesem Fall kann das Anhörungserfordernis entfallen.

 

4. Arbeitsrecht Köln – Das Landesarbeitsgericht zur Verdachtskündigung

Auch wenn sich die Verdachtskündigung erheblich von den übrigen Kündigungsgründen unterscheidet, muss eine wesentliche formale Voraussetzung eingehalten werden: Hat der Betrieb einen Betriebsrat, muss dieser vor Ausspruch der Kündigung angehört werden.

Der Betriebsrat ist über den ganzen Sachverhalt in Kenntnis zu setzen. Der Arbeitgeber muss hierzu über sämtliche Verdachtsmomente berichten und gleichzeitig auch die Umstände offenlegen, die den betreffenden Arbeitnehmer entlasten könnten. Außerdem muss aus der Unterrichtung des Betriebsrates zweifelsfrei hervorgehen, dass der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung in Erwägung zieht.

Das Landesarbeitsgericht in Köln hatte in diesem Zusammenhang über einen Fall zu urteilen, in dem der Betriebsrat zwar angehört wurde, aber die Kündigungsabsichten des Arbeitgebers nicht eindeutig vorgebracht wurden. In einem solchen Fall, so das Gericht, genügt der bloße Hinweis auf das zerstörte Vertrauen im Arbeitsverhältnis nicht aus, um das Anhörungserfordernis zu erfüllen.

PRAXISTIPP→ Achten Sie als Arbeitgeber darauf, den Betriebsrat umfassend zu informieren. Tragen Sie alle relevanten Informationen des Sachverhalts vor. Anderenfalls liegt der Verdacht einer einseitigen Irreführung nahe, der die Anhörung des Betriebsrates regelmäßig unwirksam werden lässt!

 

5. Fazit

Die Verdachtskündigung nimmt im deutschen Arbeitsrecht eine Sonderstellung ein. Sie stützt sich alleine auf Verdachtsmomente. Dementsprechend stellen die Arbeitsgerichte strenge Voraussetzungen an deren Wirksamkeit.

Die Kanzlei Senol kennt sich nicht nur mit den rechtlichen Voraussetzungen sondern auch mit den praktischen Hindernissen beim Ausspruch einer Verdachtskündigung aus. Egal ob für Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, profitieren Sie von unserem Know How im Kündigungsrecht und zögern Sie nicht uns zu kontaktieren.

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